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Wer kennt sie nicht, die Bücher und Zeichnungen des Dr. Seuss? Nun, ich kenne sie nicht! Richtiger gesagt, ich kannte sie nicht, bis dieses Grünes Ei mit Speck auf meinem Nachttisch lag und mich anklagend ansah, weil es schon mehrere Wochen ignoriert wurde. Ich seufzte einmal tief („wenigstens dauert es nicht lang, ist ja für die ganz Kleinen“), schlug es auf, verstand die ersten fünf Seiten nicht – und dann, bei den Zeilen „Ganz und gar nicht, Jetzt-kommt-Jack. Ich hasse Grünes Ei mit Speck“, infizierte ich mich mit dem Dr. Seuss-Virus. Ich verstand immer noch nichts vom Text, aber mit einem Schlag war, um es frei nach Loriot zu sagen, ein Leben ohne Dr. Seuss möglich, aber sinnlos. Wer ist das überhaupt? Was sagt Wikipedia? Theodor Seuss Geisel, geboren 1904 in Massachusetts, gestorben 1991 in Kalifornien. Sohn deutscher Immigranten. Im Laufe des Literaturstudiums wurde er beim Gin-Trinken erwischt und verwirkte damit sein Recht, bei einem Witzemagazin namens Jack-O-Lantern mitzuschreiben. Kurzerhand erfand er das Pseudonym Dr. Seuss – und schrieb weiter. 1937 verfasste und zeichnete er sein erstes Kinderbuch. Grünes Ei mit Speck (Green Eggs and Ham) war das Ergebnis einer Wette mit seinem Verleger, der behauptete, Dr. Seuss schaffe es nicht, ein ganzes Buch mit nur 50 verschiedenen Wörtern hinzubekommen. Wette verloren. Dr. Seuss benutzte diese: a, am, and, anywhere, are, be, boat, box, car, could, dark, do, eat, eggs, fox, goat, good, green, ham, here, house, I, if, in, let, like, may, me, mouse, not, on, or, rain, Sam, say, see, so, thank, that, the, them, there, they, train, tree, try, will, with, would, you. Die deutsche Ausgabe des kurzen Buches besteht daher streng genommen aus drei Büchern, denn außer Grünes Ei mit Speck enthält es auch noch Da ist eine Nasche in meiner Tasche! und Einfisch, Zweifisch, Rotfisch, Blaufisch. Aber worum geht es denn nun? Die erste Antwort ist: um Quatsch, um sprachlichen Unsinn, der so gekonnt an Sinn anknüpft, dass man kichern, lachen und staunen muss. Die zweite Antwort ist: um das, was Kinder sowieso machen, nämlich um Sprachspiele, um die Erstaunlichkeit, dass Buchstabengebilde etwas in der Welt bezeichnen, und die daraus folgende Konsequenz, dass ein neues Wort etwas bisher Unbekanntes bezeichnen kann. Die dritte Antwort ist: um das liebevolle Aufden-Arm-Nehmen typisch kindlicher Verhaltensweisen, wie z.B. überzeugt zu sein, dass einem ein Essen, was man nicht kennt, nicht schmeckt, es dann zu kosten – und es wunderbar zu finden. Die vierte Antwort ist: selberlesen.

© Foto: Westfälischer Anzeiger, Andreas Rother