Das Phänomen der Hexenverfolgung in Heessen

Seit dem 13. Jahrhundert bis 1812 war die „Hoch- und Herrlichkeit Heessen“ ein weltliches adeliges Landgericht, in dessen Bezirk ca. 400 - 450 Einwohner lebten. Das Gericht war sowohl für zivile Missetaten zuständig als auch für Kapitalverbrechen, wie der Schadenszauberei (crimen magiae). Die Prozesse wegen Kapitalverbrechen wurden nach den Regeln der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 (Carolina) geführt. Richter und Gerichtspersonal wurden von den Herren von der Reck als Gerichtsherren bestallt, das Schöffenamt lag bei einigen wirtschaftlich unabhängigen Bauern und wurde vererbt.

Titelbild der „Constitutio Criminalis Carolina“ (1532) oder auch „Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.“
Quelle: Constitutio Criminalis Carolina
Wirken des Teufels bei der Hexenverbrennung im Oktober 1555. Flugblatt, Nürnberg
© Quelle: Graphische Sammlung München
Beratung des Femegerichts
Quelle: Stadtarchiv Soest
Die Wippstrafe. Miniatur aus dem Soester „Nequambuch“, einem Acht- und Schwurbuch der Stadt Soest aus dem 14./15. Jahrhundert
Quelle: Stadtarchiv Soest
Ein Gerichtsschwert
Quelle: Ursula Knäpper

Gut zu wissen

Johann Weier

Weier verfasste mehrere medizinische Schriften, die im Druck erschienen, ist aber vor allem durch seine 1563 erstmals gedruckte Dämonologie De praestigiis daemonum (Von den Blendwerken der Dämonen) bedeutend. Die Schrift wurde zum Grundlagenwerk für alle Gegner der Hexenprozesse, indem sie früher gelehrte Argumente gegen die Verfolgungen systematisierte. Weier, der sich gegen den Hexenhammer wandte, sah in den angeblichen Hexen vom Teufel irregeleitete geisteskranke bzw. schwachsinnige Frauen, die der Melancholie verfallen waren und medizinischer Behandlung und nicht der Bestrafung bedurften. Quelle: Wikipedia

Kein "Hexenverfolgungswahn" in Heessen

Massenhaft geführte Hexenprozesse gab es europaweit in drei Wellen seit dem späten 16. bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Einen solchen „Hexenverfolgungswahn“ gab es im adeligen Landgericht Heessen nicht. Hier wurden zwischen 1577 und 1663 Einzelprozesse wegen Schadenszauberei geführt. Es gab acht Inquisitionsprozesse wegen Schadenszauberei und 13 Beleidigungsprozesse wegen Zaubereidiffamierungen.

"De praestigiis daemonum" von Johann Weier

Mäßigend auf den Verfolgungswillen der Gerichtsherren wirkte vor allem Johann Weiers 1563 veröffentlichte Schrift „De praestigiis daemonum“, in der der Leibarzt Herzog Wilhelms III. von Jülich-Kleve-Berg, Grafen von der Mark, seine skeptische Haltung gegenüber der akademischen Hexenlehre nicht verbarg. Einen angeblichen Milchzauber versachlichte Weier aufgrund von Naturbeobachtung als natürliche Milchgerinnung wegen sommerlicher Hitze. Auch die Wasserprobe als systematisches Element des Zaubereiverfahrens kann für Heessen nicht nachgewiesen werden. Der Mühlenkolk diente dem sog. „Wippen“, einer Schandstrafe für Felddiebe.