Gestaltungsleitfaden Einzelhandelsimmobilien
Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien zeichnen sich auch heute oft noch durch eine geringe Gestaltqualität aus. Charakteristisch hierfür sind die eingeschossigen Standardbauweisen mit vorgelagerten und überdimensionierten Parkplatzflächen, die keinen Bezug zu ihrer Umgebung herstellen. In den vergangenen Jahren sind die Anforderungen an eine raumverträgliche Gestaltung nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Größe von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien gestiegen. Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels, die auch bei Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien eine nachhaltige und resiliente Gestaltung sowie einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden notwendig machen. Aber auch aus unternehmerischer Sicht besteht aufgrund der Konkurrenz zum Onlinehandel der Bedarf, durch eine höhere Gestaltqualität Kund*innen zu binden. Aus diesem Grunde ist bei den beteiligten Kommunen im Arbeitskreis Regionales Einzelhandelskonzept (AK REHK) der Wunsch entstanden, auf einheitliche Gestaltungsstandards zurückgreifen zu können, auf die man sich regional verständigt und auf die in Verhandlungsgesprächen mit Investor*innen verwiesen werden kann. Daraufhin hat der AK REHK das Büro Pesch & Partner mit der Erstellung eines Gestaltungsleitfadens beauftragt, der im Jahr 2023 fertiggestellt wurde.
Abbildung 1:
Beispiel für einen Lebensmittelmarkt mit geringer Gestaltqualität
Ziel des Gestaltungsleitfadens ist es, Impulse zum zukünftigen Umgang mit Lebensmitteleineinzelhandelsstandorten zu liefern und den Kommunen so als Arbeits- und Orientierungshilfe zu dienen. Der Gestaltungsleitfaden trifft dabei Aussagen zur baulichen Gestaltung und städtebaulichen Integration von großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieben und deren Umfeld und stellt somit eine Ergänzung zum REHK dar, welches auf eine abgestimmte Ansiedlungsplanung abzielt. Zudem sollen sich für Betreibende und Investor*innen aus dem Leitfaden heraus die Vorteile einer guten Gestaltung erschließen. Als eine Maßnahme wurde im REHK auch die Auslobung eines Wettbewerbs für den „attraktivsten Markt“ in der Region diskutiert und in den Leitfaden als Idee aufgenommen, um einen entsprechenden Anreiz zu setzen.
Inhaltlich ist der Gestaltungsleitfaden in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil werden zur Einleitung die Rahmenbedingungen und aktuellen Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel allgemein und spezifisch für den Raum des REHK beschrieben. Der zweite Teil stellt den Kern des Leitfadens dar. Hier werden konkrete Qualitätsmerkmale und -anforderungen an die Gestaltung von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien aufgestellt. Diese umfassen städtebauliche Merkmale, baulich-architektonische Merkmale und Merkmale bezüglich der Gestaltung von Freianlagen. Zu den städtebaulichen Merkmalen gehören zum Beispiel die Aufnahme der im Straßenzug vorhandenen Raumkanten und das Vermeiden von Rücksprüngen. Die baulich-architektonischen Merkmale umfassen die Gestaltung der Gebäudehülle, aber auch der Werbeanlagen und Nebenbauten, sowie die Nachhaltigkeit des Gebäudes, wozu die Baumaterialen und das Energieerzeugungssystem gehören. Bei der Gestaltung der Freianlagen geht es vor allem um die Schaffung und Anordnung von sicheren Zugangsmöglichkeiten und Stellplätzen für alle Verkehrsteilnehmenden. Alle Qualitätsmerkmale und -anforderungen werden anschließend in einer Checkliste zusammenfassend und übersichtlich dargestellt.
Auf Grundlage der Gestaltungkriterien werden im dritten Teil folgende vier Idealtypen für die Gestaltung von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien in verschiedenen städtebaulichen Situationen gebildet und anhand von Modellen dargestellt:
Falltyp A: gemischt genutzte Neubauimmobilie in urbaner Lage
Falltyp B: Neubau ohne Mischnutzung an einem Einzelstandort
Falltyp C: Umnutzung einer Bestandsimmobilie zu einem LEH-Standort
Falltyp D: Bestandsverbesserung eines bestehenden Standortes
Zu den verschiedenen Falltypen werden Good-Practice-Beispiele aufgeführt, die bereits umgesetzt wurden. Abschließend werden im vierten Teil Empfehlungen zur planerischen Umsetzung der Gestaltungskriterien aufgezeigt, zu denen auf der einen Seite die formellen Festsetzungsmöglichkeiten von Bebauungsplänen oder städtebauliche Verträge und auf der anderen Seite informelle Möglichkeiten wie Gestaltungsbeiräte und Öffentlichkeitsarbeit gehören.
Abbildung 2:
Beispiel für die gelungene Gestaltung einer mixed-used-Immobilie mit Lebensmitteleinzelhandel und studentischem Wohnen in der Dortmunder Innenstadt
Den Mitgliedskommunen ist der Umgang mit dem Gestaltungsleitfaden frei überlassen. Die meisten Kommunen haben den Leitfaden per Vorlage der Politik zur Kenntnis gegeben. Einige Kommunen sind weitergegangen und haben Teile des Gestaltungsleitfaden in ihren kommunalen Einzelhandelskonzepten aufgenommen. Die Städte Hamm und Hagen haben den Gestaltungsleitfaden vom Rat der Stadt beschließen lassen.
Unabhängig vom Gestaltungsleitfaden besteht in einigen Mitgliedskommunen ein politischer Beschluss, der den Neubau von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien in mehrgeschossigen, gemischt genutzten Immobilien vorschreibt.
Abbildung 3:
Beispiel für die gelungene Gestaltung für den Neubau einer LEH-Immobilie an einem Einzelstandort in Oldenburg
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